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MENTOR BOTSCHAF TER*INNEN
„Die Jugendlichen
stehen vor ihrem
Leben wie vor
einem Joghurtregal.“
Simona Winter ist Mentor Botschafterin und hat es sich zur Aufgabe
gemacht, andere Erwachsene mit ihrer Begeisterung für junge
Menschen anzustecken und fürs Mentoring zu gewinnen. Ein Gespräch
über Haltung, krumme Wege und den Mut zur Entscheidung.
Dienstag, 13.37 Uhr. In meinem Kalender steht:
Gespräch S. Winter, Mentor, 14 Uhr. Etwas Zeit
bleibt also noch für einen schnellen Klick auf simonawinter.de. Dort steht: „Ich finde für Dich und
Deinen Vierbeiner die optimale Lösung Deines
Problems“. In meinem Kopf stehen: Fragezeichen.
13.59 Uhr. Simona Winter loggt sich ins OnlineMeeting ein. Meine Fragezeichen lösen sich in
Luft auf. Vor mir strahlt ein menschgewordenes
Ausrufezeichen, das offen und zugewandt meine laienhaften Fragen beantwortet. Die erste:
Was sie denn genau mache – beruflich? „Ich mache Zwei- und Vierbeiner fit, und zwar on Point.
Egal ob für einen Halbmarathon am Wochenende oder die nächste Winterolympiade“, erklärt
Winter. Eine Physiotherapeutin für Mensch und
Tier? „Genau: Ich begleite Menschen und Tiere
dabei, ihre Gesundheit, ihre Haltung und Leistung
zu verbessern“, erklärt sie und verrät mir auch
direkt, warum sie darin so gut ist: „Ich habe einfach ein Auge für Körper. Daran, wie sich jemand
bewegt und an seiner Körperhaltung sehe ich
sofort, wo wir gemeinsam mit der Therapie und
den richtigen Übungen ansetzen müssen“.
Langsam verstehe ich. Aber wie kommt man
dazu, am Montag edle Pferde auf Rhodos zu
massieren und am Samstag die SnowboardHoffnung Julius Reichle auf die Olympiade vorzubereiten? „Ich habe nie selbst intensiv Sport
getrieben, bin aber schon als Kind sehr gerne
geritten“, erzählt Winter. „Einmal habe ich meine
spätere Ausbilderin beobachtet, wie sie ein
Pferd massiert und mobilisiert hat. Ich war fasziniert und wusste sofort: Das will ich auch lernen.“
Sie löcherte die Erwachsene und fand dabei
zwei entscheidende Dinge heraus: Dass man
fragen muss, wenn man Antworten will. Und
dass es für fast alles einen Ausbildungsweg gibt.
„Ich war gerade 13 und hatte meinen Traumjob
gefunden“, sagt sie mit strahlenden Augen. Das
Ziel war also klar, aber der Weg zunächst alles
andere als geradlinig. Im Sattel saß die pubertierende Simona fester als auf der Schulbank. Die
achte Klasse an der Realschule Zoffingen musste
sie wiederholen, dann auf die Hauptschule wechseln. Der Abschluss stand auf der Kippe. „Irgendwann habe ich kapiert: ohne Schulabschluss
keine Ausbildung.“
Haben die eigenen Brüche im Lebenslauf den
Ausschlag gegeben, sich als Mentorin zu engagieren? „Es war eher Thomas Strobel, der den
Ausschlag gegeben hat“, antwortet sie lachend
(siehe Portrait auf Seite 24). „Er hat mich vor drei