Mitenand 3-2024 - Flipbook - Seite 28
ERFAHRUNGSBERICHT | Annemarie Keusch, Redaktion Bremgartner Bezirks-Anzeiger erzählt …
Dreifach dankbar
Besondere Momente im Redaktionsalltag
Journalistin Annemarie Keusch über ihr Gespräch
mit Karin Liechti
Text erschienen im Bremgartner Bezirks-Anzeiger
Es gibt solche Gespräche, da kann ich zurück im Auto
nicht sofort den Schlüssel drehen, um den Motor zu
starten. Es gibt solche Momente, wo der Handschlag
zum Abschied noch lange nicht Feierabend bedeutet,
zumindest im Kopf nicht. So ein Moment war das Gespräch mit Karin Liechti bei ihr zu Hause in Büelisacker. Im Auto atme ich zuerst ein paar Mal durch.
Sofort daran zu denken, was ich zum Nachtessen
kochen könnte oder ob sich vielleicht noch drei Freunde 昀椀nden lassen für einen Jass, das geht nach solchen Begegnungen nicht. Zu viel Eindruck hat das
hinterlassen, was die letzte gute Stunde passiert ist.
Und es gibt Situationen, da ist man froh, sich und
seine Emotionen ein bisschen hinter Kugelschreiber
und Papierblock verstecken zu können. Das ist eine
solche.
Trauerarbeit in anderen betro昀昀enen Familien
Dabei lacht Karin Liechti ganz oft. Und das überhaupt
nicht gequält oder weil ihr die Situation unangenehm
ist. Sie lacht, weil es ihr gut geht. «Ich musste lernen,
mir zu erlauben, wieder glücklich zu sein», sagt sie.
Ein Prozess sei es gewesen. Einer, der mehrere Jahre
dauerte. Fünf Jahre sind mittlerweile vergangen, seit
sie und ihr Mann ihre Tochter Olivia an den Krebs verloren. 13 Jahre alt war Olivia damals. Es ist die
Horrorvorstellung wohl aller Eltern. Für sie wurde sie
traurige Realität.
Ich muss lernen, mir zu erlauben,
wieder glücklich zu sein.
Einen solchen Verlust zu verarbeiten, wieder mit
einem Lachen durchs Leben zu gehen, das verdient
Hochachtung und Respekt. Es ist einer der Gründe für
die Bewunderung. Doch das ist nicht der Grund für
unser Tre昀昀en. Denn Karin Liechti hat es sich zur Aufgabe gemacht, mit dem, was sie erlebte, anderen zu
helfen. Sie engagiert sich bei der Kinderkrebshilfe
Schweiz, als Einzige im Vorstand, die selbst ein Kind
an Krebs verloren hat. Sie gründet und übernimmt die
Trauerarbeit. Setzt sich also freiwillig immer und
immer wieder dem aus, was sie vor fünf Jahren fast
gebrochen hat – mit der Trauer um das eigene Kind.
Warum? Innerlich stelle ich mir diese Frage während