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Storecheck FRONTSTAGE
Region gezogen zu sein. Als ich den Mitarbeitern ein paar völlig
unverfängliche Fragen zu ihrer Bäckerei stelle, fangen diese sofort an, sehr positiv von ihrer Chefin zu sprechen. Das fand ich
sehr schön. Sie schwärmen regelrecht von ihr. Sie berichteten von
ihren menschlichen Qualitäten und wie gut sie das Unternehmen
führen würde. Als ich weiterführend nach der Familie hinter dem
Firmennamen frage, blocken sie höflich ab. Fazit: Ein gutes und
sehr loyales Team, das nicht aus dem Nähkästchen plaudert.
Kommen wir zu den Produkten. Wenn ich mir eine Bäckerei
ausgesucht habe, die ich gerne besuchen würde, suche ich schon
vor dem eigentlichen Besuch auf ihrer Homepage nach interessanten Produkten. Im Laden selbst behaupte ich dann später einfach, Bekannte hätten mir das Produkt empfohlen. Ich gehe also
mit einer kleinen Einkaufsliste in der Tasche um 12:20 Uhr in
die Filiale und frage konkret nach den empfohlenen Waren. Das
Ergebnis: Sie hatten keines der von mir ausgesuchten Produkte
vorrätig und konnten mir auch keinen Tipp geben, in welcher anderen Filiale ich die Waren vielleicht sonst bekommen könnte. Da
war ich natürlich schwer enttäuscht. Die Filiale hatte an diesem
Tag regulär bis 16:00 Uhr geöffnet. Dann dürfen um 12:20 Uhr
nicht die bekanntesten Produkte der Bäckerei schon nicht mehr
vorrätig sein. Als ich kurz darauf einen Kaffee bestelle, fällt mir
zudem die Kaffeemaschine hinter der Theke ins Auge. Eine Filtermaschine, ein veraltetes Modell, das ich schon ewig nicht mehr in
einer Bäckerei gesehen habe. Ein Gerät, das mit den Ansprüchen
moderner Kunden kaum noch mithalten kann.
Filiale Nummer zwei. Mein erster Gedanke: Wow, was ein schönes Haus. Mein zweiter: Was ist denn da los? Als ich um 13:28 Uhr
am Standort ankomme, stehe ich vor einer Warteschlange, die
sogar schon aus dem Laden herausragt. Ein Umstand, an dem
scheinbar der Ladenbau eine Mitschuld trägt. Bei der Konzeption
eines Thekenbereichs muss der zukünftige Anstellpunkt immer
mitbedacht werden. Wenn die Kunden schon bis vor den Laden
stehen, obwohl viele Mitarbeiter in der Filiale warten und es sich
nicht um einen Massenandrang handelt, kann das auf eine Fehlplanung beim Ladenbau zurückzuführen sein. Im Laden angekommen nehme ich kurz die stark beanspruchte Inneneinrichtung in
Augenschein, bevor ich eine der Verkäuferinnen in ein Gespräch
verwickle. Sie erläutert mir, dass die Standorte des Unternehmens
alle individuell sind und rät mir, auch mal ihr Top-Objekt zu besuchen. Gesagt, getan. Als ich noch am selben Tag das Top-Objekt betrete, fällt mir besonders die Thekenaufteilung auf. Ich sehe
eine Backwarentheke und einen Café-Tresen. Die Mitarbeiterin am
Café-Tresen ist völlig auf sich allein gestellt. Auch die Tortenbestellungen gehen alle über sie und wer schon mal sechs Tortenstücke
für den Außerhausverkauf per Hand einpacken musste, weiß, wie
mühselig das ist und wie lange das dauert. Eine Aufgabe, die allein
bei einem 400 Quadratmeter großen Café kaum zu bewältigen
ist, wenn man „nebenbei“ auch noch eine Siebträgermaschine
bedienen muss – zumal sie währenddessen ständig von einem
Kollegen von der Seite angesprochen wird, der im Gegensatz zu
ihr scheinbar eher unterfordert als überfordert ist. Um ein solches
Szenario zu verhindern, kann eine Zweitplatzierung der Torten in
der Backwarentheke sinnvoll sein.
IN EIGENER SACHE
Der Storecheck ist eine beliebte Rubrik, die wir fortführen
möchten. Allerdings haben wir uns angesichts der Leserreaktionen entschlossen, ihn in Zukunft zu anonymisieren, weil
sich doch einige Kollegen verletzt fühlten. Das war natürlich
nicht unsere Absicht, der Storecheck wurde vor allem aufgrund
seines Nutzwerts eingeführt. Um diesen noch zu erhöhen und
Fälle wie die genannten zu vermeiden, werden wir zukünftig
einen stärkeren Fokus auf die Tipps legen, die wir Ihnen mitgeben wollen und die Namen der Bäckereien nicht mehr nennen.
Zu den Produkten. Wie üblich habe ich auch wieder ein paar
Backwaren zum Probieren mit nach Hause genommen. Ein Bauernbrot und ein Steinofenbrot. Der Preis des Bauernbrotes wurde
entsprechend seines individuellen Gewichts an der Kasse berechnet. Die Filialwaage datierte das Brot auf 436 Gramm. Zu Hause
prüfte ich das Gewicht noch einmal mit meiner eigenen Waage
nach. Das Ergebnis: 426 Gramm. Zehn Gramm Unterschied. Beim
Wiegen der Brote in der Filiale sollte man immer besonders sorgfältig sein. Es gibt auch heute noch genug Menschen, die das Gewicht ihrer Backwaren zu Hause noch einmal nachprüfen. Die
Seiten des Brotes waren aufgrund des beidseitigen Anschnitts
großflächig abgetrocknet. Dennoch war es saftig und hatte einen
milden Geschmack. Das Steinofenbrot war ebenfalls sehr saftig,
allerdings waren die Brotscheiben sehr klein. Die Brotgewürze,
die ich über die Banderole nachvollziehen konnte, schmeckten angenehm und rundeten das Produkt ab.
Katja Thiele-Hann / Alea Brockhaus
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Dann melden Sie sich doch bei unserer Bäckereiexpertin.
Frau Katja Thiele-Hann steht Ihnen gerne für einen Austausch
zur Verfügung. Sie können sie über die folgende E-Mailadresse
erreichen: KTH@kth-beratung.de.
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