BJ 2024 11 - Flipbook - Seite 6
NACHRICHTEN
Pressespiegel
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ES WIRD HERBST
Es wird Herbst, und die Zahl der Bäckereibetriebe nimmt weiter ab.
Und in der Berliner Tageszeitung BZ-BERLIN (1.10.24) wird Andrea
Fischer melancholisch.
„Neulich bei einem echten Bäcker in Prenzlauer Berg, der noch zu
nachtschlafender Stunde mit seinem Handwerk beginnt, statt in
eins-zwei-fix gelieferte Frost-Brötchen aufzubacken. Ich kaufte ein
paar Schusterjungen und Splitterbrötchen. ‚Willste nicht noch ein
bisschen Kuchen?‘, fragte er und ich: ‚Danke, heute nicht.‘ Daraufhin
ließ der mehlbestaubte Mann Frust raus: ‚Irgendwann muss ich hier
auch zumachen und dann seid ihr alle traurig, aber dann ist es zu
spät.‘ Rumms. Die Berliner Bäcker ächzen unter hohen Energie- und
Rohstoffkosten. Aber die Preise erhöhen, das vertreibt Kunden, die
sich das Bäckerbrot bisher noch leisten können (und wollen). Jetzt
musste mit Bäcker Mälzer wieder ein Traditionsunternehmen (125
Jahre gehörte er zu Berlin!) aufgeben. Ich fürchte, das Sterben geht
weiter. Zu einem unschlagbaren Preis. Wer will es den Kunden verdenken? Und ja, viele werden traurig sein.“
WAHRE BERUFUNG
Ein Organist findet nach einem Unfall, der ihn berufsunfähig machte,
zu seiner wahren Passion: dem Bäckerhandwerk. MDR.DE (4.10.24)
berichtet über diesen Fall.
„Komplizierte Handbrüche und mehrere OPs machten es dem 1972
im französischen Lyon geborenen Irénée Peyrot unmöglich, weiter
Orgel zu spielen. Seit 2005 hatte er die hallesche Marktkirchenorgel
gespielt, auf ihr CD’s aufgenommen, komponiert und war zweimal
wöchentlich zu hören. Nicht mehr Orgel spielen zu können, trieb
Peyrot in die Backstube – zu seiner zweiten großen Leidenschaft:
Dem Bäckereihandwerk. […] In Frankreich studierte Irénée Peyrot
das Bäckereihandwerk, lernte Brioche zu backen, knetete sich durch
unzählige Teige, probierte das Baguettebacken in allen seinen Varianten und beschloss nach sieben Monaten Lehrzeit, einer ‚Schnellbesohlung‘ also, das neu erlernte Handwerk mit an die Saale zu nehmen. Nach Halle in seine Wahlheimat. […] Peyrot träumt davon, die
französische Backkunst mit der deutschen Brotkultur zu vereinen.
Was die Brotliebhaber im Café Wittekind da erwarten können, das
ist noch nicht sicher. Köstlich wird es allemal. Dem französischen
Neubäcker Peyrot fehlt seine Orgel auch kaum noch, zu sehr liebt er
es zu backen und zu kochen. Und wenn er in der Küche steht, hat er
auch stets einen Ohrwurm im Kopf. Das ist Orgelmusik, die er selbst
einst komponierte oder Werke von Antonin Dvorak oder Johann Sebastian Bach. Der Rhythmus helfe ihm bei der Arbeit. Denn auch
beim Backen müsse man immer schön im Takt bleiben.“
OPEN HIRING
Bei der New Yorker Greyston Bakery braucht man keinen Lebenslauf – sie nehmen jeden. Wie das geht, darüber darüber berichtet
NEUEZEIT.AT (8.10.24).
„Das ‚Open Hiring‘-Modell stellt Menschen ohne Bewerbungen, Interviews oder ohne den Hintergrund der Bewerber:innen zu über-
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Back Journal 11/2024
prüfen ein. Das bedeutet: jede:r, der oder die bei der Greyston Bakery
arbeiten möchte, kann sich auf eine Warteliste setzen lassen. Nach
der Reihe stellt die Bäckerei dann jede:n ein. Dieses System bietet
insbesondere Menschen, die in traditionellen Anstellungsverfahren
benachteiligt sind, eine faire Chance. Dazu zählen zum Beispiel
obdachlose Menschen, Personen mit psychischen Problemen, Menschen ohne Englischkenntnisse und auch jene, die vorbestraft sind.
Manch einer würde meinen, dass das nur Probleme macht. Doch
der Geschäftsführer Joseph Kenner erzählt: ‚Wir haben dieselben
Probleme wie andere Unternehmen auch: Leute kommen nicht zur
Arbeit, es gibt Probleme mit der Disziplin. Aber Firmen, die nach einem herkömmlichen Konzept einstellen, haben auch Probleme mit
Drogenmissbrauch und mangelnder Leistung in der Belegschaft.
Wir stehen vor den gleichen Herausforderungen wie andere Firmen.‘
Diese möchte man bei Greyston bloß so lösen, dass Menschen nicht
gleich gekündigt werden, sondern noch eine Chance bekommen.
[…] Das spiegelt auch das Motto der Bäckerei wider: Wir stellen keine
Leute an, um Brownies zu backen. Wir backen Brownies, um Leute
anzustellen. Ehemalige Gefängnisinsassen wird der Wiedereinstieg
in die Gesellschaft schwer gemacht. Nach der Entlassung kämpfen
viele mit Vorurteilen und Einschränkungen, vor allem im Arbeitsleben, was oft zu Rückfällen führt. Daher sind Unternehmen wie
Greyston so entscheidend, um diesen Teufelskreis zu durchbrechen.“
RASSISMUS ODER TRADITION?
Bäckerei Möbius bringt den im Frühjahr wegen des Rassismusvorwurfs aus dem Sortiment genommenen Mohrenkopf als M-Kopf
zurück. In den Sozialen Medien gibt es zahlreiche Reaktionen. Auf
FACEBOOK sind sie eher positiv.
Jens Weichert: „Lecker der Mohrenkopf ist wieder da.“ – Angelika
Gieße: „Mohrenkopf bleibt Mohrenkopf. Basta.“ – Walter Baier:
„Super ihr macht das Richtig. Immer diese Berufsempörte welche
nichts anderes zu tun haben. Was soll an einer Leckerei verachtenswert sein? Wenn es ein Mülleimer oder ähnl. wäre würde ich
ja den Aufschrei verstehen. Aber wenn ich nun meinem Kind z. B.
das mitbringe assoziiert er mit dem Mohren etwas positives, und
wird das auch im späteren Leben beibehalten.“ – Vol Ker: „Was soll
das? M-Kopf, echt? Wofür soll das jetzt traditionell stehen? Am ehesten passt wohl Mimimi-Kopf, weil ihr gegenüber einer lauten aber
unbedeutenden Minderheit eingeknickt seid. […] Was wäre, wenn
die schweigende Mehrheit nicht mehr bei Möbius einkauft, weil ihr
vor der lauten Minderheit eingeknickt seid. Die Mehrheit will in der
Bäckerei nämlich leckere und gesunde Produkte kaufen und keine
gehorsame, vorauseilende Umsetzung irgendeiner politischen Meinung. Belasst es einfach beim traditionellen Mohrenkopf.“ – Markus
Frölich: „Man hätte auch Mohrenkopf behalten können. Die, die sich
darüber aufregen haben nichts von ihrem Leben, sind die absolute
Minderheit und kommen mit Rassismus um die Ecke ohne zu wissen
was das ist. Lächerlich so eine Sprachpolizei. Ihr von Möbius die
einen Kompromiss gesucht haben, habt es absolut richtig gemacht.
Nicht von solchen Spinnern unterkriegen lassen.“