Geschaeftsbericht 2022 web - Flipbook - Seite 15
INTERVIEW
„Wir haben soviele
Projekte wie noch nie“
Interview mit Markus Winter und Alexander Hochauer
Seit knapp einem Jahr führt ihr als Vorstandsteam die
Alexander Hochauer: Es hat jahrzehntelang ein allgemei-
Windkraft Simonsfeld. Eure Bilanz?
nes politisches Versagen gegeben. Die Chancen, die wir in
Österreich hatten, um Wind & Sonne massiv auszubauen,
Alexander Hochauer: Das Jahr ist sehr schnell vergangen.
wurden nicht genutzt. Wir haben bestenfalls auf Wasser-
Rund um uns hat sich mehr geändert als für uns selbst in
kraft gesetzt, die aber nie für den Klimaschutz ausgebaut
der neuen Vorstandsfunktion. Wir sind schon seit Jahren
wurde. Es war Schein-Klimaschutz. Seit mehr als 2 Jahren
als operative Geschäftsleiter tätig, hinter uns steht ein un-
ist ein Klimaschutzgesetz ausständig, das klare und für die
glaublich kompetentes, erfahrenes und motiviertes Team.
Politik bindende Ziele für den Ausbau erneuerbarer Ener-
Wir sind daher gut vorbereitet. Deutlich größer waren die
gien in Österreich festlegt. Wir wissen bereits, was technisch
externen Veränderungen durch den andauernden Krieg in
möglich wäre, aber durch das Fehlen von gesetzlichen Vor-
der Ukraine, die Entwicklungen am Strommarkt, die hohe
gaben wird es nicht umgesetzt und so können weder Maß-
Inflation. Themen, die so nicht vorhersehbar waren.
nahmen noch Sanktionen gesetzt werden.
Markus Winter: Unsere Verantwortlichkeiten sind breiter
Welche Auswirkungen hatte das Krisenjahr 2022 auf die
geworden und strategische Themen und Entscheidungen
Windkraft Simonsfeld selbst?
noch mehr in den Fokus gerückt. Die Windkraft Simonsfeld hat sich in unserem ersten Vorstandsjahr sehr stark
Markus Winter: Als die Gas- und Strommarktpreise Ende
weiterentwickelt. Wir haben die Organisation an die stra-
2021 stark angestiegen sind und deutlich über den Ein-
tegischen Anforderungen angepasst und auch das Team
speisetarifen lagen, haben wir schnell reagiert. Als erster
entsprechend entwickelt. Und – wir haben so viele neue
österreichischer Stromproduzent haben wir die Chance ge-
Projekte wie noch nie in Planung und Projektierung.
nutzt, die Produktion unserer österreichischen Windparks
mit Tarifanspruch außerhalb des OeMAG-Regimes besser
2022 war das Jahr der größten Energiekrise seit Jahr-
zu vermarkten und diese ab November 2021 temporär über
zehnten. Mit welchen Auswirkungen?
den Markt verkauft. Für das gesamte Berichtsjahr und mittlerweile auch für 2023.
Markus Winter: Die Energiekrise hat uns dramatisch vor
Augen geführt, wie sehr wir von russischem Gas und fos-
Alexander Hochauer: Daher haben wir deutlich höhere
silen Brennstoffen abhängig sind – und wie erpressbar wir
Erlöse durch den Verkauf unserer Stromproduktion erzielt.
dadurch sind. Ab Ende 2021 haben wir Strom- bzw. Energie-
Jeder Euro ist für uns aber nur Mittel zum Zweck und wird
preise gesehen, die bisher undenkbar waren: es gab am
dringend gebraucht, um die Energiewende voranzutreiben.
Strommarkt Steigerungen um das 10- bis 20-fache und
Dieses Kapital ermöglicht uns, den dringend notwendigen
Höchstpreise bis zu 1.000 € je MWh.
Ausbau erneuerbarer Energie verstärkt aus Eigenmitteln
voranzutreiben und Projekte rascher umzusetzen. Wir se-
20 Jahre lang wurde viel zu wenig in den Ausbau einer
hen das als unseren Auftrag auf dem Weg zur Energie-
unabhängigen, regionalen Energieversorgung aus erneu-
wende.
erbaren Energien investiert. Selbst die Klimakrise hat kein
Umdenken hervorgerufen. Jetzt liegt die Rechnung auf
Markus Winter: Umso mehr als auch der Anlagenbau ka-
dem Tisch. Und nun sollte allen klar sein: eine sichere und
pitalintensiver geworden ist. Die Investitionskosten für neue
kostengünstige Energieversorgung kann in Zukunft nur aus
Windenergieanlagen sind gleichzeitig um bis zu 40 % ge-
erneuerbaren Quellen kommen.
stiegen, etwa die Kosten für Transport, Stahlproduktion
oder Energie.
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