Magazin KINDgerecht Ausgabe 2-2023, November: Wie bildet man eine Demokratie? Mitwirkung von Kita-Kindern als Zukunftsaufgabe - Flipbook - Seite 5
Die Kinder, die heute unsere Krippen,
Kindergärten und Horte besuchen, sind
diejenigen, die in Zukunft unsere Gesellschaft gestalten. Wenn wir möchten,
dass sich diese Gesellschaft durch Freiheit, ein friedliches Miteinander, Gerechtigkeit sowie durch Möglichkeiten
zu echter Teilhabe und Mitbestimmung
auszeichnet, dann müssen Kinder
Neben speziellen Beteiligungsformaten, wie z. B. einem Kinderparlament, einer Leitungssprechstunde, der gemeinsamen Speiseplangestaltung oder einem von den Kindern gestalteter Morgenkreis, spielt vor allem der alltägliche Umgang
mit den Kindern eine große Rolle. In den vielen „kleinen“ Momenten im Tagesablauf zeigt sich, wie die pädagogische
Fachkraft jedes einzelne Kind in das Geschehen miteinbezieht, wie sie mit den Kindern spricht, ob sie ihnen wirklich auf
Augenhöhe begegnet und sie als ernstzunehmende Akteure
und Akteurinnen in der Kindertageseinrichtung wertschätzt.
Die Beziehungsgestaltung zwischen der pädagogischen
Fachkraft und dem Kind ist somit die Grundlage für echte Partizipation. Eine positive Beziehung, die auf Anerkennung und
Wertschätzung beruht, lässt sich in allen pädagogischen Interaktionen zwischen der Fachkraft und den Kindern erkennen.
schon ab der frühen Kindheit demokratische Werte kennenlernen und verinnerlichen. Sie müssen sehen und erleben, wie ein demokratisches Miteinander funktioniert und was alles dazugehört. Von Kassandra Ribeiro
Aber Partizipation sollte sich nicht nur auf die Arbeit mit den
Kindern beschränken, sondern ganzheitlich in der Kita umgesetzt werden – auch im Team und mit den Familien. Den Umgang, den Erwachsene untereinander p昀氀egen, nehmen Kinder ebenso wahr und sie orientieren sich daran.
Oft wird Demokratiebildung gerade im Bereich der frühen
Kindheit mit Partizipation gleichgesetzt. Demokratie ist jedoch
viel mehr als Partizipation, auch wenn das Recht auf Mitbestimmung eine zentrale Rolle in der demokratischen Bildung
der Kinder spielt.
Demokratie – nicht nur eine Regierungsform
Kinderrechte
Demokratie bedeutet im klassischen Sinne, dass sich das Volk
durch freie Wahlen an der staatlichen Machtausübung beteiligen kann. Wenn wir aber von „einem friedlichen Miteinander“ oder „demokratischen Werten“ sprechen, wird deutlich,
dass Demokratie mehr als nur ein politisches Regierungssystem ist. Wenn Demokratie von jedem und jeder Einzelnen von
uns gelebt werden soll, dann müssen wir anfangen, diese Regierungsform auch als Lebensform anzusehen. Das heißt, den
Fokus nicht nur auf politische Bildung zu legen, sondern sich
darüber klar zu werden, welche Werte, welche Haltung und
welche Handlungsprinzipien für das Funktionieren einer demokratischen Gesellschaft wichtig sind. Dazu gehören auch
Partizipation, Kinderrechte, Toleranz, ein konstruktiver Umgang mit Streit und Meinungsverschiedenheiten und Nachhaltigkeit. Doch was bedeutet das im Detail für die Demokratiebildung in Kindertagesstätten?
Eine Demokratie ohne das Zugeständnis und die Wahrung
von Menschenrechten ist unvorstellbar. Sie bilden das Fundament einer demokratischen Gesellschaft und können gleichzeitig auch nur innerhalb eines demokratischen Rechts- und
Wertesystems umgesetzt werden. „Menschenrechte und Demokratie gehören untrennbar zusammen und sind insofern
zwei Seiten einer Medaille“1.
Partizipation
In Kindertageseinrichtungen können Kinder Demokratie besonders gut erleben, wenn sie in die Entscheidungen und
Geschehnisse des Alltags direkt miteinbezogen werden. Die
Art und Weise, wie Kinder am Kindergartenalltag beteiligt
werden, sollte sowohl im Team als auch mit den Kindern regelmäßig gemeinsam besprochen und festgehalten werden. Es muss festgelegt werden, was Kinder auf jeden Fall
und was sie auf keinen Fall (mit)entscheiden sollen und warum. Dabei kann zwischen Selbst- und Mitbestimmung unterschieden werden: Welche Entscheidungen können die Kinder selbstbestimmt treffen und bei welchen Fragen dürfen
sie mitbestimmen?
Dies gilt nicht nur für Erwachsene, sondern ebenso für Kinder.
Sie sind von Geburt an eigene Persönlichkeiten mit eigenen
Rechten. Die Würde des Kindes zu wahren und seine Rechte
umzusetzen, ist eine zentrale Aufgabe für alle pädagogisch
Tätigen. Deshalb sind die Kinderrechte das Fundament für die
pädagogische Arbeit in FRÖBEL-Einrichtungen und sie nehmen einen großen Teil im Leitbild2 des Trägers ein. Damit Kinder erfahren, was es heißt eigene Rechte zu haben und dass
diese sowohl für sie selbst als auch für alle anderen Menschen
gelten, müssen sie diese Rechte kennen. Sie müssen ihnen
kindgerecht erklärt werden und in der Einrichtung sowie im
täglichen pädagogischen Handeln der pädagogischen
Fachkräfte sichtbar gemacht werden, damit sie sich auf sie
berufen können und sie ihnen Orientierung geben.
1 Maywald, Jörg (2019): Kinderrechte und Demokratiepädagogik:
Den Kinderschutz in der Kita verwirklichen. In: Schneider, Armin / JacobiKirst, Carmen (2019): Demokratiepädagogik in Kindertageseinrichtungen.
Partizipation von Anfang an. Opladen, Berlin, Toronto: Verlag Barbara
Budrich. S. 35–48.
2 FRÖBEL-Leitbild: www.froebel-gruppe.de/leitbild
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