Magazin KINDgerecht Ausgabe 2-2023, November: Wie bildet man eine Demokratie? Mitwirkung von Kita-Kindern als Zukunftsaufgabe - Flipbook - Seite 32
Ja. Kinder sind in jedem Fall besonders schutzbedürftig. Ein
Kind, das sich im Rahmen öffentlicher, staatlich organisierter
Strukturen von Anfang als Träger eigener (einklagbarer) Rechte erlebt, ist besser geschützt als ein Kind, das sich als machtlos erfährt. Je früher wir Kindern die Möglichkeit bieten, sich
demokratisch zu beteiligen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie auf Nöte, Sorgen und Grenzverletzungen von
sich und anderen Kindern selbstbewusst hinweisen. Somit ist
Beteiligung und Partizipation aktiver Schutz.
Aufgabe der Fachkräfte ist es, geeignete Anlässe und Verfahren im Alltag zu nutzen und den Rahmen zur Beteiligung der
Kinder zu gestalten. Gelungene Beteiligung ermöglicht es Kindern, durch eigene Erfahrungen zu lernen und Verantwortung
zu übernehmen.
Zudem lernen sie, die Meinungen anderer zu respektieren und
Toleranz zu entwickeln. Beteiligung fördert die Entwicklung von
Kommunikations- und Entscheidungsfähigkeiten, die in einer
demokratischen Gesellschaft elementar sind.
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Nicht, wenn pädagogische Fachkräfte sicherstellen, dass Kinder auf
eine Art beteiligt werden, die ihnen gerecht wird. Dazu wurden in den
zurückliegenden Jahren viele Methoden entwickelt und erprobt. Die
Erfahrungen zeigen: Kinder können viel mehr, als ihnen zugetraut wurde. Kinder verstehen ausgezeichnet grundlegende Bausteine einer
Demokratie. Und sie befürworten demokratische Prozesse in ihrer Einrichtung: Kinder wollen Entscheidungen treffen, sehen sich in der Gemeinschaft als kompetent an, passende Lösungen zu 昀椀nden und sind
bereit, Folgen von gemeinsamen Lösungsversuchen zu tragen. In vielen Kitas können Kinder zum Beispiel das Essensangebot mitbestimmen. Mit Fotos wird ihnen die Auswahl präsentiert und sie stimmen zum
Beispiel mit Muggelsteinen oder Magneten ab, indem sie diese auf die
von ihnen gewünschten Mahlzeiten bzw. Fotos legen.
Zu viel Partizipation und
Mitbestimmung überfordert
die Kinder!
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Doch, das können sie! Dafür müssen wir die „100 Sprachen der Kinder“ entschlüsseln und verstehen lernen. Insbesondere junge Kinder freuen sich mit
dem ganzen Körper, aber sie zeigen auch durch Schreien, Schweigen,
sich wegdrehen, wenn etwas nicht ihrem Bedürfnis oder ihren Interessen
entspricht. Diese Bedürfnisse zu berücksichtigen, ist die Grundlage für die
weitere Partizipation der Kinder. Dabei geht es um ganz konkrete Themen:
Kann und will ich noch etwas essen? Bin ich müde und möchte mich ausruhen. Ist mir kalt oder zu heiß und was ziehe ich an? Fachkräfte begleiten
die Kinder bei dem herausfordernden Lernprozess der Verantwortungsübernahme für die eigenen Entscheidungen. Gleichzeit tragen die Fachkräfte Sorge dafür, dass es nicht zur Überforderung kommt. Es ist wichtig,
dass wir die Bedürfnisse der Kinder respektieren und sie dabei unterstützen,
ihre Bedürfnisse wahrzunehmen und zu artikulieren.
Kleine Kinder können
ihre Bedürfnisse gar nicht
klar artikulieren!
Man sollte Kitakindern
nicht so viel Verantwortung
zumuten. In diesem Alter
sind sie sehr schutzbedürftig.
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von Kindern in der KiTa
Quiz
Fünf Mythen zur Beteiligung