Magazin KINDgerecht Ausgabe 2-2023, November: Wie bildet man eine Demokratie? Mitwirkung von Kita-Kindern als Zukunftsaufgabe - Flipbook - Seite 30
Kulturelle Bildung
Zukunft
phantasievoll
gestalten
Wenn wir Kinder ernsthaft in die Gestaltung der
Zukunft einbeziehen wollen, 昀椀nden wir in der frühkindlichen kulturellen Bildung besondere Möglichkeiten und
Räume. Ein besonderer Ort, der von Anfang an partizipativ gedacht war, ist ANOHA, die Kinderwelt des Jüdischen Museums Berlin. Sie ist nicht vergleichbar mit den
klassischen Museen: Hier darf es laut sein, hier wird
angefasst, gemeinschaftlich verändert und Objekte
werden „lebendig“. Natalie Kronast sprach mit ANOHALeiterin Dr. Ane Kleine-Engel darüber, wie Kinder in
die Entwicklung des Museums einbezogen wurden.
Natalie Kronast: „Museen sind Spiegel von
Vergangenheit und Gegenwart und können Besucherinnen und Besucher auch
dazu anregen, sich mit Zukunftsfragen
auseinanderzusetzen. Wir wissen aber aus
unserer vielfältigen Projektarbeit, dass sich
Kultureinrichtungen oft schwertun, die
Zielgruppe nicht nur betrachtend einzubeziehen. ANOHA ging einen anderen
Weg. In die Gestaltung waren von Anfang an Kinder einbezogen.“
Ane Kleine-Engel: „So wurde sichergestellt, dass neben der Vermittlung eben
auch das Spiel, der Spaß und die Bewegungsfreiheit nicht zu kurz kommen. Dass
Kinder bei der Entwicklung des Museums
einbezogen wurden, ist logische Folge
der Expertenorientierung. Auch wenn
Museen heute ohnehin nicht mehr dem
Klischee von verstaubten Vitrinen mit gelehrten Erklärungstexten entsprechen,
sind es viele Expertinnen und Experten,
die bei der Planung und Umsetzung helfen. Und da liegt es nahe, diejenigen zu
fragen, die sich mit Kindsein in den 2020er
Jahren auskennen: die Kinder von heute.
Aus diesem Prozess haben wir die Erkenntnis gewonnen, dass die Vorstellungen von Kindheit in den Köpfen Erwachsener, deren Jugend schon Jahrzehnte
zurückliegt, und der tatsächliche Alltag
von Kindern, auch mal weit auseinanderliegen können.“
Natalie Kronast: „Bedeutsam erscheint
mir vor allem der Ansatz, die Interessen
der Kinder nicht gegen das Know How
der anderen Expertinnen und Experten
zu setzen. Auch das ist Bestandteil von
kultureller Bildung: niemanden auszuschließen, in der Vielfalt zu integrieren
und Ausschlüsse zugunsten einer bestimmten Gruppe zu vermeiden.“
Ane Kleine-Engel: „Ein Kindermuseum zu
bauen, ist ein Gemeinschaftswerk. Im Fall
von ANOHA nenne ich exemplarisch
etwa Expertinnen und Experten für Architektur, Statik, Elektrik, Zoologie, Biologie,
Pädagogik, ebenso wie Kuratorinnen
und Kuratoren und den Kinderbeirat für
die Ausstellung und das Programmangebot. Für den Bereich Demokratieförderung heißt das eben nicht nur schlicht
„Kinder an die Macht“ – was ja wieder
viele Menschen anderer Altersstufen und
viel Expertise ausschließen würde – sondern meint ein ernsthaftes Anerkennen
der jeweiligen Wünsche, Expertisen und
dann eben ein Aushandeln, um das für
alle beste Ergebnis zu erzielen.
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