FRÖBEL Themenheft: Lernen mit Tieren - Tiergestützte Pädagogik in Kitas - Magazin - Seite 29
trauen, neugierig zu sein. Dann kann ich lernen, spie-
Welche Möglichkeiten bietet die mobile
len und Spaß haben. Angst und Vorsicht machen
tiergestützte Arbeit?
das Lernen und Genießen, das Spaß haben unmöglich. So stehen am Anfang einer jeden Mensch-Tier-
Oft ist es für Kinder und für eine gelingende TGI ein-
Beziehung das „In-aller-Ruhe-Kennenlernen“ und der
facher, wenn ich mit den Tieren oder einem Tier
Vertrauensaufbau auf dem Programm.
zu den Kindern komme. Insbesondere seit Corona
habe ich die Erfahrung gemacht, dass für die Kinder
bereits die Vorbereitung und Anreise zu unserem
Welche Erfahrungen können Kinder auf Ihrem
Hof aufregend sein können und sie im Prinzip schon
Hof machen?
reizüberflutet ankommen. Dann kann der Tierkontakt
in einem neuen, ihnen unbekannten Gelände leicht
Der Hof bietet Platz für Vielfalt und Diversität. Das
ein Reiz „zu viel“ werden. Was zu viel ist, wird nicht ins
„wilde“ Kind kann seine Energie beim Heuballen-
Langzeitgedächtnis übernommen. Von daher ist es
umladen positiv einsetzen, das „schüchterne“ Kind
oft besser oder nachhaltiger, wenn ich zu den Kin-
beobachtet erst einmal. Ein anderes Kind füttert
dern komme und wir in aller Ruhe beispielsweise die
die Hühner, wieder ein anderes sitzt im Heu und
„reizvollen“ Hühner betrachten und kennenlernen,
genießt oder hört den Vögeln zu. Ein Ort, an dem
berühren und diese Begegnung ganz sicher nicht
Tiere und Natur zu Hause sind, bietet so umfangreiche
vergessen.
Möglichkeiten, dass jedes Kind etwas Passendes
für sich finden kann. Die „Urschule“ des Lebens war
das kindlich freie Spiel. In der TGI versuchen wir, da-
Welche Tiere bieten sich für die mobile
ran anzuknüpfen: Wir wollen, dass die Kinder mit all
tiergestützte Arbeit an?
ihren Sinnen Erfahrungen machen können. Dazu gehören das Riechen und Fühlen, das Ausprobieren und
Gern nehme ich die Hühnerfamilie mit. Je nach
vor allem das „Begreifen“. Auf einem Hof im freien
Jahreszeit sind auch die Küken dabei und natürlich
Kontakt mit Tieren und mit den vielfältigen Reizen der
der prächtige Hahn. Gerade Hühner „sagen“ uns
Natur können Kinder die sogenannten Wurzelkompe-
sofort, wenn wir vielleicht unhöflich waren, und wir
tenzen entwickeln. Vergleicht man Kinder mit Bäu-
können es gleich noch mal besser machen. Auch
men, dann brauchen beide starke Wurzeln, um eine
die Meerschweine reisen gern los, um sich verwöh-
wunderbare Krone entwickeln zu können. Wurzelkom-
nen zu lassen. Sie lieben es, auf dem Schoß gefüttert
petenzen wie Eigenwahrnehmung, Selbstwertgefühl,
und gekrault zu werden. Schafe sind ideale Besucher
Gefühlsregulierung, Empathie, Frustrationstoleranz
in Kitas und Schulen. Es sind die einzigen Tiere, de-
und Annehmen von Grenzen werden, so besagen es
nen Kinder niemals zu laut sind und die sich sogar in
Studien, im Umgang mit Tieren sehr gut gefördert.
großen Gruppen wohlfühlen. In der Regel gibt es in
den Einrichtungen Gras und Blätter und wo es Futter
gibt, lassen sich die Schafe nicht lange bitten. Nicht
so gern reisen Kaninchen. In ihrem zu Hause haben
sie alles mit ihren Duftdrüsen markiert, in der Fremde
sind sie unsicher und können solch ein Treffen nicht
wirklich genießen. Auch Ziegen, die zu Hause häufig
frech und übermütig sind, haben oft nicht die rechte
Ruhe, um den Kindern gute Lehrer zu sein. Natürlich
sind Hunde schon längst als gute „Erziehungshelfer“
bekannt. Meistens wird vergessen, wie gewinnbringend es für Kinder ist, wenn auch mal Schnecken,
Asseln oder andere kleine Nachbarn von Draußen zu
Besuch hereinkommen. Es ist wichtig, unsere nächsten
„Nachbarn“ kennenzulernen. Schon allein, um sich
nicht vor ihnen zu fürchten.
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