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WILLKOMMENSKULTUR
„Sie spüren,
ob wir ihre Sprache
wertschätzen“
90 Prozent der Kinder im Berliner FRÖBEL-Kindergarten
Highdechsen haben eine internationale Biografie.
Wie es gelingen kann, ihre vielen Sprachen im Kita-Alltag
zu integrieren und eng mit den Familien zu arbeiten,
erzählt Leiterin Laureen Schiefelbein im Interview.
In Sozialräumen, in denen viele Kulturen,
Sprachen und Nationalitäten zusammenkommen, sind mitunter mehr als ein
Dutzend Familiensprachen in einem Kindergarten vertreten. Wie es gelingen
kann, Mehrsprachigkeit im Kita-Alltag zu
berücksichtigen und alle Kinder gleichermaßen sprachlich zu fördern – darüber
haben wir mit Laureen Schiefelbein,
Leiterin des FRÖBEL-Kindergartens High
dechsen in Berlin-Neukölln, gesprochen.
Warum ist es Ihnen wichtig, die
verschiedenen Familiensprachen der
Kinder in den Kindergartenalltag zu
integrieren?
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Wir betreuen regulär rund 80 Kinder
im Alter von acht Wochen bis Schuleintritt. 90 Prozent dieser Kinder haben einen Migrationshintergrund. Sie lernen
Deutsch als Zweit- oder sogar als Drittsprache. Über gemeinsame Sprachen
schaffen wir eine Möglichkeit der Identifikation. Wir geben unser Bestes, indem
wir pädagogische Fachkräfte einsetzen,
die die Sprachen der Kinder weitestgehend abdecken. Das klappt natürlich
nicht immer.
Uns ist es wichtig, eine offene Willkommenskultur für alle zu schaffen. Wir
wertschätzen die Familien- und Herkunftssprachen aller Kinder, indem wir sie
in unseren Alltag integrieren. Wir singen
jeden Tag in vielen Sprachen. Wir zählen
in den Sprachen der Kinder. Wir begrüßen die Kinder in ihren Sprachen. Regelwerke und Aushänge werden mehrsprachig erstellt. Das ist wichtig, um von Beginn an auch die Eltern zu erreichen. Sie
merken nämlich ganz genau, ob wir ihre
Sprache als Ressource wertschätzen, ob
wir sie anerkennen, ob wir darauf Bezug
nehmen oder nicht. Nur wenn sie spüren,
dass wir es ernst meinen, öffnen sie sich
uns gegenüber – und das ist die Voraussetzung für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Familien.
Die Kinder lernen Deutsch übrigens
meist viel schneller, als die Eltern sich das
vorstellen können. Aber wahre Ge-