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FÜHRUNG 21
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Ring übergaben, erzählten wir ihr, was
unser Techniker dafür getan hatte. Sie
fiel uns mit Tränen in den Augen um den
Hals. Sie nominierte unseren Kollegen,
und er wurde am Ende Smiling Star.
Zurück aufs Pooldeck an jenem Freitagabend. Knapp 1500 Gäste versammelten
sich und warteten gespannt auf die Verkündung. Dort standen wir. Der Kapitän,
General-Manager, HR-Manager und ich,
der Entertainment Manager. Hinter uns
gut 150 Crew-Mitglieder, die wir vorher zur großen Verabschiedung auf die
Bühne geholt hatten. Die Scheinwerfer
waren auf uns vier gerichtet, und der Kapitän hielt den Zettel in der Hand. Auch
hinter uns war eine gewisse Spannung zu
spüren. Denn keiner von der Besatzung
wusste, wer sich den Preis holen würde.
Wenige Stunden zuvor saßen der General-Manager und ich in seinem Büro
und vor uns Hunderte kleiner Zettel mit
Namen und Geschichten, die alle würdig
waren, den Award zu erhalten. Am Ende
überzeugte die emotionalste Story. Bis
zur Verkündung später auf dem Pooldeck hielten wir den Gewinner geheim.
Wir sagten lediglich der jeweiligen Füh-
„Denn genau darum
geht es, happy zu sein.“
rungskraft Bescheid. Sie musste dafür
sorgen, dass der Gekürte später auf dem
Pooldeck bei der Crew-Verabschiedung
sein würde. So gewährleisteten wir, dass
es für den Kollegen eine echte Überraschung sein würde. Er stand ahnungslos
zwischen den anderen, und dann würde
sein Name verkündet werden. Dieser
Moment, das überraschte Gesicht zu sehen, war für uns jedes Mal aufs Neue ein
wunderbarer. So war es auch an diesem
Abend. Die Stimme des Kapitäns dröhnte durch die Lautsprecheranlage. Er las
zunächst die besondere Story vor, die ein
Gast auf den Zettel geschrieben hatte.
Anschließend verkündete er den Namen
des „Smiling Stars“. Unter tosendem
Applaus der Gäste und der Besatzungsmitglieder trat das Crew-Mitglied nach
vorn neben uns ins Scheinwerferlicht.
Zur Untermalung spielten wir Musik
ein wie zum Beispiel Pharell Williams
mit dem Song „Happy“. Denn genau
darum geht es: happy zu sein. Das galt
für den Ausgezeichneten, für die Gäste,
für uns Offiziere, aber auch für jeden
Kollegen, der mit dabei war. Jeder freute sich mit dem, der breit grinsend mit
uns zusammen im Rampenlicht stand
und das Zertifikat in Händen hielt. Zusätzlich zum Titel „Smiling Star“ bekam
der Award-Träger noch einen Preis. Das
konnte ein Gutschein für eine Massage
im Spa-Bereich sein, ein Shopgutschein
oder ein freier Tag. Er durfte wählen.
Viele entschieden sich für den freien
Tag, weil es das auf einem Kreuzfahrtschiff normalerweise nicht gibt. Manche
Kollegen sind bis zu zehn Monate an
Bord. Ohne Wochenende oder Urlaub.
Tag für Tag aufstehen und arbeiten,
kann anstrengend sein. Jeder sehnt sich
in dieser Zeit nach einem „Off-day“, wie
wir an Bord sagen. Das ist nicht möglich. Im Rahmen des Awards bestand
die Möglichkeit, einen Tag faul sein zu
dürfen. Deswegen war der „Smiling Star
Award“ beliebt bei der Crew.
Was erreichten wir mit der Aktion?
Motivation. Jeder freut sich über einen
gewonnenen Preis. In dem Fall verbunden mit einem Gutschein oder einem
freien Tag. Dementsprechend gingen die
Kollegen motiviert in jede Reise. Den
Gästen immer freundlich, verbindlich
und mit einem Lächeln zu begegnen war
Grundvoraussetzung. Es ging um den
einen kleinen Schritt mehr. Den Service on top. Wer das leistete, hatte gute
Chancen auf den Award und die damit
verbundene kleine Aufmerksamkeit der
Schiffsführung. Hinzu kam, dass der
Smiling Star für ein paar Minuten im
Mittelpunkt stand. Im Scheinwerferlicht
neben dem Kapitän und den höchsten
Offizieren. Jubel von allen Seiten, von
der Crew wie den Gästen. Es kam immer
wieder vor, dass der Gewinner nach der
Veranstaltung von den Kollegen und den
Urlaubern beglückwünscht wurde.
Die gesamte Aktion hatte einen weiteren
Effekt. Die Reisenden füllten pro Reise
Hunderte Zettel aus. Darauf standen
neben vielen wunderbaren Geschichten
– Lächelmomente, wie wir sie nannten
– viel Lob für einzelne Crew-Mitglieder,
für komplette Abteilungen und generell
für die gesamte Crew. Die Gäste schrieben Positives über den Schiffszustand
oder das Essen. Um es auf den Punkt zu
bringen: Wir erhielten jede Menge Lob
und Anerkennung. Die Idee des „Smiling
Star Awards“ war sicherlich eine andere,
die nur ein Teil der Gäste richtig inter-
pretierte (wir hätten es möglicherweise
noch besser erklären können). Dennoch
waren die vielen schönen Worte, die wir
zusätzlich erhielten, Balsam für die Seele(n). Für uns alle. Denn wir verteilten
die entsprechenden Zettel mit Lob an
die jeweiligen Abteilungsleiter, die diese
wiederum an ihre Teams weitergaben.
„Die Mitarbeiter
merken somit, dass
sie wahrgenommen
werden.“
Was hat uns das gekostet? Abgesehen
von den paar Euro für die Gutscheine
(die von einem eigenen Incentive-Konto
bezahlt wurden) und der Zeit, die wir
damit verbrachten, die vielen Einreichungen durchzusehen und zu sortieren, nichts. Und was erhielten wir dafür?
Feedback. Motivation. Zufriedenheit. Es
muss nicht immer eine mehrere tausend
Euro kostende Belohnungsreise oder
Veranstaltung sein. Ein Zettel an die
Gäste mit der Bitte mitzumachen, damit
wir den „Smiling Star“ küren können.
An Bord klappte es auf die Weise sehr
einfach. Für Unternehmen an Land wäre
eine E-Mail oder ein Kommentar bei
Social Media eine Möglichkeit, mit der
Aussicht einen Preis zu gewinnen. Genauso gibt es wunderbar einfache Online-Tools die genutzt werden können.
Wichtig ist am Ende, dass das Feedback
beim Personal ankommt. Die Mitarbeiter merken somit, dass sie wahrgenommen werden.
THORSTEN JOST
info@thorstenjost.com
www.thorstenjost.com
INSPIRATIONSHÄPPCHEN
DER PODCAST
von und mit Thorsten Jost
In dem Podcast „Inspirationshäppchen“ spricht Thorsten mit Unternehmern, Geschäftsführern und
Personal Managern über Vertrauen,
Wertschätzung und Respekt
den Mitarbeitern gegenüber.