24-02-22 Boersenverein Jahresbericht2024 01 - Flipbook - Seite 12
POLITIK
RECHT
POLITIK AUSTAUSCH
AUF EUROPÄISCHER
EBENE
EUROPA
PARLAMENT ZUR
ZUKUNFT DER
BUCHBRANCHE
Das Europaparlament hat im September
einen Bericht zur Zukunft der europäischen
Buchbranche verabschiedet. Bei dieser
Initiative war fachlicher Input aus der
Branche gefragt. Der Bericht würdigt die
Bedeutung des Buchs für die Gesellschaft
und spricht Empfehlungen zur Unterstützung der Branche aus. Das Parlament
lobt darin die Leistungen der Branche in
den Bereichen Barrierefreiheit, Nachhaltigkeit und bei der Leseförderung und
bezeichnet Buchhandlungen als den „Eckpfeiler lokaler Gemeinschaften“. Ein solcher
Eigeninitiativbericht des Parlaments kann
der EU-Kommission als Grundlage für Gesetzesinitiativen dienen. Besonders positiv
sind die Empfehlungen, der Branche mehr
strukturelle und finanzielle Förderung zu
gewähren sowie im Bereich der künstlichen
Intelligenz für die nötige Transparenz bei
der Nutzung urheberrechtlich geschützter
Werke zu sorgen.
AI ACT
Seit April 2021 arbeitet der europäische
Gesetzgeber an einer Verordnung zur
künstlichen Intelligenz (AI Act). Es ist das
weltweit erste Gesetz, das KI umfassend
regulieren soll. Der Börsenverein hat das
Gesetzgebungsprojekt eng begleitet.
Der AI Act ordnet verschiedene Formen
von KI in Risiko-Kategorien ein und definiert jeweils abgestufte Pflichten für ihre
Entwickler*innen bzw. Betreiber*innen..
Anwendungen wie etwa Gesichtserkennung
zum Zwecke eines „Sozialkredit-Systems“
mit totaler Überwachung wie in China sind
in der EU im Einklang mit den Grundrechten gänzlich verboten. KI-Anwendungen,
die sich auf Grundrechte auswirken können,
gelten als „Hochrisiko-KI“. Das sind KI, die
z.B. über berufliche Chancen, Bildungswege oder Zugang zur Daseinsvorsorge
entscheiden oder Sicherheitsrisiken z.B.
im Straßenverkehr bedeuten könnten.
Diese unterliegen erhöhten Pflichten bei
Qualitätssicherung, Prüfung, Transparenz
und Evaluierung, sobald sie in der EU genutzt werden. KI mit geringem Risiko soll
gefördert und entsprechend geringeren
Anforderungen unterworfen werden.
Der AI Act enthält außerdem einen Abschnitt mit besonderen Pflichten für Modelle
der generativen KI. Hier besteht aus Sicht
der Buch- und Kreativwirtschaft besonderer
Regelungsbedarf: Denn als „Trainingsdaten“
für KI werden massenweise urheberrechtlich geschützte Werke ohne Zustimmung
der Berechtigten genutzt. Zugleich können
diese Modelle Produkte generieren, die
Werken menschlicher Schöpfung zum Verwechseln ähnlich sind. Positiv im AI Act ist
die darin vorgesehene Transparenzpflicht,
die Rechteinhaber in die Lage versetzen
soll, erkennen zu können, ob eigene Werke
beim Training der KI verwendet wurden
und auf dieser Grundlage ggf. Ansprüche
geltend zu machen. Eine urheberrechtliche
Regelung ist im Rahmen des AI Act nicht
möglich, er sollte aber zur Durchsetzbarkeit
des geltenden Urheberrechts im Bereich KI
beitragen, indem er die „Blackbox“ der KI
in diesem wichtigen Punkt hoffentlich weit
genug öffnet.
WALDSCHUTZ
Im Bemühen um den weltweiten Schutz
der Wälder hat die EU im Sommer eine
Verordnung verabschiedet, die auf entwaldungsfreie Lieferketten zielt. Die Regelung
umfasst auch die Lieferkette für Produkte
aus Papier und betrifft damit Verlage, Zwischenhandel und große Buchhandlungen.
Sie bringt Sorgfalts- und Dokumentationspflichten im Hinblick auf die Herkunft
des Papiers, insbesondere, wenn es von
außerhalb der EU kommt. Die deutschen
Behörden arbeiten an den konkreten Anforderungen, die ab Dezember 2024 zu
greifen beginnen.