ESG Employment Horizon 2024 German - Flipbook - Page 18
ESG und interne Untersuchungen
Interne Untersuchungen
Wirtschaftliche, soziale und ökologische Nachhaltigkeit kann nur mit
einem funktionierenden Compliance- und Risikomanagementsystem
gelingen. Interne Untersuchungen sind in diesem Zusammenhang oft
unumgänglich. Denkbare Untersuchungsgegenstände sind nicht nur
auf Verstöße gegen geltende regulatorische Bestimmungen, z.B. aus
dem Umweltrecht, begrenzt. Auch Vorwürfe des „Greenwashing“, die
zunehmend mit Haftungs- und Reputationsrisiken für Unternehmen
behaftet sind, können Anlass für interne Untersuchungen sein.
Aus arbeitsrechtlicher Perspektive werfen interne Untersuchungen nicht
zuletzt Fragen nach dem Umfang der Mitwirkungspflichten der Mitarbeitenden
und nach den Beteiligungsrechten eines gegebenenfalls bestehenden
Betriebsrats auf. Nahezu jede interne Untersuchung erfordert eine Befragung
von Mitarbeitenden. Der Arbeitgeber kann aufgrund seines Direktionsrechts
anordnen, dass die Mitarbeitenden an der Befragung teilnehmen. Grundsätzlich
müssen die im Rahmen der Befragung gestellten Fragen auch wahrheitsgemäß
beantwortet werden. Doch wie immer steckt die Tücke im Detail: Worüber
genau müssen die Mitarbeitenden Auskunft geben? Besteht ein Schweigerecht,
wenn ein Mitarbeitender Gefahr läuft, sich selbst zu belasten – so wie man es
aus Strafverfahren kennt? Und hat ein Mitarbeitender das Recht, während der
Befragung auf der Anwesenheit eines Rechtsanwalts oder einer Rechtsanwältin
zu bestehen?
Auch die Überwachung und Sichtung des dienstlichen Schriftverkehrs und die
Einsichtnahme in dienstliche Unterlagen sind gängige Ermittlungsmethoden,
die Arbeitgeber im Rahmen interner Untersuchungen einsetzen. Dabei gilt
der Grundsatz: Je höher die Wahrscheinlichkeit ist, dass die private
Kommunikation eines Mitarbeitenden betroffen ist, desto geringer ist der
Kontrollspielraum des Arbeitgebers. Erlaubt ein Unternehmen die private
Kommunikation am Arbeitsplatz und mit unternehmenseigenen Mitteln
oder duldet es diese auch nur nachweislich, sind die Möglichkeiten der
Überwachung stark eingeschränkt.
Gleiches gilt, wenn der Arbeitgeber von ihm zur Verfügung gestellte oder
von Mitarbeitenden benutzte Gegenstände durchsuchen will, wie dies
bei Spind-, Schreibtisch- oder Taschenkontrollen der Fall ist. Hierzu ist
der Arbeitgeber dem Grunde nach berechtigt. Aber auch hier setzt das
Persönlichkeitsrecht der Mitarbeitenden den Kontrollen Grenzen, deren
Überschreitung im schlimmsten Fall dazu führen kann, dass die Ergebnisse
der Untersuchung nicht verwertet werden können und der Arbeitgeber
selbst empfindliche Sanktionen zu befürchten hat.
Schließlich ist in jeder Phase einer internen Untersuchung zu prüfen, ob
und inwieweit der zuständige Betriebsrat vor der Durchführung einzelner
Untersuchungsmaßnahmen zu beteiligen ist. Verstöße gegen Informationsoder Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates können erhebliche
rechtliche und atmosphärische Folgen haben.